Es ist 08:30 Uhr.Mein Körper steht müde auf.
Auch wenn der Verstand, das Gefühl und Ihre Kumpels lautstark protestieren. Es hilft alles nix.
Der Körper muß mal ins Bad und es macht auch irgendwie Sinn, den Tag nun zu beginnen.
Das ist allerdings mehr so ein Erfahrungsding, denn überzeugende Gründe, an einem verregneten Herbstmorgen aus der Koje zu kriechen, finden noch kein Gehör.
Da ich nun schon mal aufrecht als Frühstückszombie umherwandle, kann ich mich aber auch noch bis zur Kaffeetasse schleppen.
Während ich versuche, meinen Kadaver Unfallfrei bis zur Kaffeemaschiene zu steuern, fallen mich die Hunde an.
Zwar ist es Freude weshalb sie auf mich einstürmen, sich in meinem Bademantel verbeißen, mich anspringen und verbellen, aber die Szene ist ein wenig wie in einem Horrorfilm, wo die Hunde einen Zombie niedermachen.
Ich schaffe es samt Kaffee auf den Küchenstuhl.
Dort angekommen begrüße ich meine Frau mit einem herzerfrischend lautem Jubel, überschütte sie mit Rosen, da ich es kaum fassen kann, das dieses wunderbare Geschöpf mit mir im selben Hause lebt.
So war es zumindest gemeint.
Aber, obwohl ich alle verfügbaren Multitaskingressourcen auschöpfe, mag es sein, das, für von aussen betrachtet, nur ein klägliches „Moin“ herausstöhnt.
Nun hockt mein Körper also auf dem Küchenstuhl, um mit frischem Kaffee das Wiedererweckungszeremoniell zu beginnen.
Da dringt durch den geistigen Nebel die Anfrage, ob ich schon aufnahmefähig wäre, zu mir durch.
Ich versuche die Frage zu verstehen, und nehme dabei unterbewusst zur Kenntnis, das sich dieser Frage noch andere Worte anschließen. Ich möchte gerne die Eingangsfrage mit „Nein“ beantworten, doch da bleibt mein Verstand an einem weiteren Satz hängen.
„Wenn Du Geld hättest, wärest du erst in drei Wochen zuhause!“
Möglicherweise kannst du nachvollziehen, welcher komplexe Gedankengang mich zu der folgenden detailierten Nachfrage führte:
„Häh???“
Ich bin immer wieder überrascht welche Sätze, von denen ich nicht gedacht hätte dass man Sie jemals hört, dann doch plötzlich an mein Ohr gelangen.
Dieser Kategorie hat meine Frau heute morgen den oben genannten Satz hinzugefügt.
-Kontext ist ein echt cooler Stoff-
Nicht nur, das es riesigen Spaß macht Sachen aus ihm heraus zu reißen, es ist auch total spannend einen zunächst sinnfreien Satz nach und nach mit ihm zu umgeben.
Kennt Ihr die Zeichner, die zu Beginn ein undefinierbares Etwas auf weißes Papier bringen und unser Hirn sofort daran arbeitet daraus ein fertiges Objekt zu bauen?
Ununterbrochen knabbert der Denkkasten an den wenigen Strichen herum und versucht wie ein Hochleistungsrechner jede erdenkliche Möglichkeit vorauszuberechnen um frühest möglich zu erkennen, was das endgültige Motiv sein soll.
Ja, es ist wieder so weit. Anstatt endlich aufzulösen: wo und warum dieser Satz fiel, schreibe ich über den zwanghaften Wunsch unseres Gehirns, aus jedem Schnipsel ein vollständiges Bild zu bauen.
Ich weiß, es ist anstrengend mir zu folgen. Und dennoch liest Du weiter.
Ja, so gehts mir eben auch , und das ist es dann auch, worüber ich hier schreibe.
Es geht darum, das es Spaß macht dem Verstand eine Aufgabe zu stellen und zu erleben, wie sich der Arme abrackert um aus ein paar Strichen oder Worten ein sinnvolles Ganzes zu bilden.
Wie die ersten Striche des Zeichners, höre ich manchmal Sätze und genieße es, wenn sich nach und nach der Kontext darum herum aufbaut und der unverdauliche Wortwurm auf weißem Grund nach und nach in eine bunte Wissenslandschaft eingebettet wird und am Ende in dem Gesamtverständnis mit dem Hintergrund verschmilzt.
So wie die ersten Striche des Zeichners, die zunächst rätselhaft erschienen und im Laufe der Entstehung Grundlage für tausende von unserem Kopf kreierte Möglichkeiten steht, letztendlich mit den anderen Strichen zu einem neuen Ganzen verschmilzt und im Bild kaum wiederzufinden ist.
Achja , unser Verstand, er ist ja manchmal so süss, der Kleine.
Wie er so die Ohren aufstellt, wenn er etwas ungewöhnliches hört. Aus vollem Lauf abbremst um sich sofort diesem seltsamen Wortwurm zu widmen.
Wie er alles andere um sich herum vergisst und neugierig auf den Wortwurm zugeht. Ihn beschnüffelt. Ihn anstubst, wenn es sein Geheimnis nicht preisgibt Wie er ihn ankaut, ihn herumdreht, ihn schüttelt, damit endlich der Sinn herausfällt.
So putzig, wie er unermüdlich immer wieder zurückkehrt um endlich zu begreifen, was sich dahinter verbirgt.
Tschuldigung, wir haben einen jungen Hund. Es kann sein, das dies möglicherweise auf mein Vorstellungsvermögen abfärbt.
Ich habe gerade nochmal nachgeschaut, tatsächlich: Es ist ein EU Hund.
Auf dem Halsband steht: Der Genuss dieses Hundes kann ihr Lebensgefühl beeinflussen.
Naja, und unser Verstand ist halt auch so.
Stets aufmerksam, neugierig, unermüdlich. Und auch wenn er nicht immer nützlich ist, möchte ich ihn nicht wieder hergeben. Obwohl es ja auch genug Beipiele gibt, wo Menschen ohne auch sehr glücklich sind.
Ohne? Ohne Hund natürlich.
Der oben genannte Satz ist unter anderem der Grund dafür, das du diesen Text liest.
Meine Frau wollte mit mir ein Gespräch darüber führen, das vor der Tür Herbstwetter herrscht, wir beide gleich unserem Tagwerk nachgehen müssen und wir im Grunde lieber in Südfrankreich wären.
Wo ich, wenn ich frei wählen könnte, jetzt bei schönem Wetter mit dampfendem Kaffee vor unserem Caravan säße und Texte verfassen oder Fotos bearbeiten würde.
Recht hat Sie.
Das ich aber nicht in den Pyrenäen sondern an der Nordsee hause, liegt am lieben Geld.
Hätten wir also gerade die finanzielle Möglichkeit, wären wir jetzt im Urlaub und kämen vermutlich erst in drei Wochen nach Hause.
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